Neu hier - und Helge Schneider hatte doch Recht...
Hallo, bin erstmalige Katzenmutter und der Kleine is ja brav wenn ich mir
das alles so durchlese. Jedenfalls was das Klo angeht.
Übrigens, Helge Schneider hatte Recht, denn das Katzenklo macht die Katze
wirklich froh, jedesmal wenn der Adel eine Verdauungseinheit erfolgreich
abgeschlossen hat, folgen _die_ 5 Minuten wo er rumsaust als sei er auf
Acid.
Ich weiß deshalb, aha, er hat geschissen, denn er rennt entgegen der Gesetze
der Schwerkraft die Wände entlang, garniert mit Bocksprüngen. Zu Problemen
reagiere ich so: Ich bin ja wirklich sehr nachsichtig und verwöhne das Knäuel
extrem, allerdings gibt es zwei Orte wo ich ihn nicht mag: a) den Eßtisch,
b) das Bett. Und Katzen muß man auch Grenzen setzen, darum hat er gleich
von Anfang an ein paar mal leichte Klaps gekriegt um die Gesetzeswidrigkeiten
zu verdeutlichen und seitdem ist Ruhe.
Wichtig ist natürlich daß diese Maßnahmen sofort stattfinden und nicht 4-6
Minuten später, sonst bekommt man einen Neurotiker. Also ich hab ihn ja
mit 10 Wochen vor 2 Wochen gekauft, zusammen mit all dem Zeug was nötig
und unnötig ist (die Macht des Impulskaufes....) und ich war total überrascht
daß der Verkäufer nicht gelogen hat als er meinte daß er stubenrein wäre,
sofort und gleich beim ersten mal.
Übrigens habe ich auch dieses neuartige (Silikon?)Streu gekauft, das ist
zwar etwas teurer absorbiert allerdings jegliche Feuchtigkeit und Gerüche
auf der Stelle. Und die biologische Nahrungserbschaft läßt sich mühelos
herausnehmen, da es sich um kleine Perlen handelt welche mühelos durch die
Siebschaufel kullern und alles was größer ist auf der Schaufel zurücklassen.
Der einzige Nachteil welchen ich bis jetzt endeckt habe ist daß sich manchmal
ein oder zwei Perlen, wegen der enormen Absorbationsfähigkeit enweder am
Mund oder dem Anus anheften deren Entfernung für alle beteiligten Parteien
keine angenehme Tätigkeit ist.
Jedenfalls, nachdem ich keine Kinder oder Pflegefälle anderer Art habe mußte
ich mich noch nie um fremde Anüsse (Germanistikstudenten hier?) kümmern.
Wie kams eigentlich dazu? (Nachträgliche Bewertung der Ankaufmotiviation)
Wir verlassen die Ebene säugetiertechnischer Verdauungsergebnisse und begeben
uns in eine kleine holländische Einkaufsstraße in der Stadt meiner Wahl
wo ich gerade aus der Post trat und einen Papagei "verpiß dich" auf Niederländisch
rufen hörte (rot op), im Dezibelbereich eines Preßlufthammers, und wie wahrscheinlich
zahllose Andere fiel ich auf diese Marketingstrategie herein und betrat
das Zoogeschäft und begann den Ara am Genick zu kraulen, welcher das mit
weiteren Obszönitäten belohnte.
Raum und Zeit lösten sich auf und ich arbeitete mich bis zu den Beos durch
nachdem ein kleinerer grüner Papagei seine Zuneigung und Wertschätzung meiner
Andacht durch den Versuch kundtat meinen Zeigefingernagel von der Hand zu
ziehen. Vielleicht mochte er den schwarzen Lack und die Tatsache daß ein
Mensch längere Krallen als er hat nicht.
Eine Stimme drang in mein Bewußtsein, sie gehörte dem Verkäufer und seinen
Kommentar ignorierend konfrontierte ich ihn mit der philosophischen Frage
warum ein Huhn so viel billiger zu haben ist als ein Papagei. Als trainierter
Fachmann erkannte er meine ironische Natur sofort und beeindruckte mich
mit der Antwort daß Hühner nicht sprechen können.
Urplötzlich, auf tiefenpsychologisch resultierenden synaptischen Elektroblitzen
basierend, hörte ich wie meine Stimmbänder die entscheidende Frage formulierten:
"Haben sie Katzen?" "Sicher" meinte er und schon folgte ich ihm willenlos
in das erste Stockwerk, wo gleich rechts nach der Treppe die _Käfige_ standen
was die Ausschüttung von allerlei Impulsen und Mutterschaftshormone zur
Folge hatte.
"Mein Gott wie süß" betrog mich mein atheistischer Geist und um die 15 schrecklich,
_schrecklich_ entzückende Knäuel buhlten um meine Aufmerksamkeit mit der
Kraft vernachlässigter, rumänischer Waisenhauskinder. Nur in einem Käfig,
ganz alleine mit entzündeten Äuglein hob da was ganz _Schwarzes_ lethargisch
das Köpfchen und übertrug mit halb geöffneten Lidern den Gedanken: "Scheiße,
schon wieder so ne bescheuerte Fresse mit internalisiertem, unbewußtem Aberglauben
& Rassismus, nehm doch die rot-getigerte, sich anbiedernde Schlampe mit
und laß mich, Mutterentzugsdepressionsgebeuteltem hier bis ich zu groß bin
und der Tierverwertung zugeführt werde. Hau endlich ab."
Nachdem sich alles Rationale bereits aus meinem Gehirn verabschiedet hatte
konnte ich nur noch meinem attentatiertem Zeigefinger zusehen wie er sich
hob und in die Richtung der kleinsten Wahrscheinlichkeit deutete. "Die da",
komplementierte meine Stimme und mit Lichtgeschwindigkeit plazierte der
Verkäufer (vorher noch schnell den verräterischen Augenrotz versuchend zu
entfernen) das depressive Katerchen auf meinen Arm und die Hoffnungslosigkeit
löste sich in einem verwirrtem Schnurren auf.
Von da an war ein Zurück einfach nicht mehr im Rahmen der Möglichkeiten.
"Ich brauche _alles_", und des Verkäufers Augen begannen zu glänzen: Geschlossenes
Katzenklo mit Eingangsklappe und Abluftfilter, Silikonstreu, Chrom-Näpfe,
Transportkorb "luxe", Kratz/Kletterbaum, Spezialfutter für einen Monat,
einen Stoffball, eine pink eingefärbte "Schweigen der Lämmer" Spielmaus
aus _echter_ gehäuteter Maus mit Plastikquietschkörper (ich schwöre, hab
erst später gemerkt daß die mal lebendig war), Flohkamm, Flohtropfmittel,
Entwurmmittel, Entohrmilbenmittel, 495 Gulden bitte, ziehen Sie Ihre Karte
hier durch, danke, Auf Wiedersehen und auf dem Weg nach draußen schmiß ich
dem Ara noch einen stechenden Blick zu.
Ich hatte vergessen daß ich mit dem Fahrrad hier war und wühlte nervös in
den Untiefen meiner Handtasche, zog das mobile raus und "Schatz, hol mich
sofort ab, ich stehe neben der Post und habe eine Katze gekauft. Nein das
paßt nicht alles aufs Fahrrad, bist du verrückt." Nach einer knappen Erläuterung
(Männer wollen immer Informationen, können das Gegebene nie einfach so hinnehmen)
dauerte es zehn Minuten und ich war auf dem Weg ins Büro. Alle seine Versuche
wehrte ich ab mit "ist doch egal, jetzt haben wir sie". "Nein sie ist nicht
häßlich." Die Ladung blieb im Auto bis auf den Transportkorb "luxe" und
das Kätzchen sah wirklich erbärmlich aus. Hier an meinem Schreibtisch angekommen
lokalisierte ich zwei Tierärzte direckt um die Ecke aus den gelben Seiten
im Internet, rief an und hatte Glück denn einer hatte von 13-14:40 "Reinlaufsprechstunde"
und es war daher unnötig mit den Worten Aids oder Leukämie einen Termin
zu erzwingen.
Nachdem mir mein Reiseplaner ausrechnete daß die Adresse 145 m entfernt
war machte ich mich auf den Weg und angekommen freundete ich mich sofort
mit einem homosexuellen Lederkerl mit Babyhasen an den ich erst auf den
zweiten Blick erkannte, den Hasen. (Nebenbei: Alles was ich hier schreibe
ist wahr.) Es war das erste mal für mich, bei einem Tierdoktor und es war
schon seltsam die Leute und ihre Tiere im sozialen Kontext zu erleben und
um meine Unsicherheit zu verbergen riß ich die Leitung der Konversation
an mich und man fand daß ich nach nur 3 Jahren Holland viel besser Niederländisch
sprach als Prinz Claus und daß das mit dem Krieg ja nun schon so lange zurückliegt
nachdem ich eine Diskussion mit der Provokation auslöste warum denn die
Holländer in ihrer Nationalhymne singen "Ik ben van Duitse bloed" (Ich bin
von Deutschem Blut).
Es wurde dann doch unter der Toleranzfassade etwas emotioneller und ich
war zum Glück an der Reihe und der Arzt blinzelte und die Untersuchung begann
und eine Infektion wurde konstatiert und somit war mein Kleiner nicht todgeweiht.
Eine Kur Antibiotika wurde verordnet und ich bekam ein Lob hinsichtlich
der mitgebrachten Medikamente. "Man solle sich beim Tierkauf nicht von Mitleidsemotionen
leiten lassen" meinte er, "sonst holt man sich ein krankes Tier ins Haus."
Ich ließ es aus die Brillanz dieser Folgerung in Frage zu stellen *hust*
und vermied die Rede "Intuition - berechtigter Sieger über Rationalität
und entgegnete einfach - "aber süß, oder?" Na, ja, was ich eigentlich sagen
wollte ist daß ich seit recht wenigen Tagen glücklich adoptiert bin, und
zwar von einem inzwischen äußerst gesundem, lebendigem, verschmustem, destruktivem
Katerchen.
Claudia W. 01.11.2000