Oh Schreck...
Gestern, bzw. heute morgen versetzte Narses mich in zutiefste Panik, er
war weg.
Zwar ist er schonmal morgens nicht Zuhause, wenn ich erwache, aber immerhin
ist dann wenigstens der Brekkinapf leer, was ein deutliches Indiz für seine
nächtliche Anwesenheit ist; genauso so wie sein regelmäßiges Erscheinen
zwischen 2.00 und 4 Uhr morgens schreiend in unserem Bett.
Zunächst glaubte ich besonders gut geschlafen, ihn also nicht bemerkt zu
haben. Dann, in der Küche, glaubte ich, er habe diese Nacht keinen Hunger
gehabt, blieb nur minimal besorgt, öffnete die Türe und spähte die Einfahrt
hoch und runter, ihn selbstverständlich nicht findend, also verschwand ich
im Bad, mich meiner Morgenhygiene widmend.
Meistens taucht er aus dem Nichts auf, wenn er irgendwie mitbekommt, dass
einer von uns beiden erwacht ist, um lautstark Futter einzufordern, aber
auch das blieb aus, was dazu führte, dass ich meinen Morgenkaffe auf der
Veranda trank, um den Garten und die dahinterliegende Wildnis in Augenschein
zu nehmen, doch von Narses keine Spur. Als ich die leere Tasse zurückbrachte
und Minka frisches Futter einforderte, entdeckte ich etwas, was mich dann
doch langsam in Angst und Schrecken versetzte, nämlichen einen halbvollen
Napf mit von mir vergessenem, am Abned zuvor für Narses dort plaziertem
Rinderherz.
Wenn er Rinderherz nicht frißt, kann etwas nicht in Ordnung sein, wenn der
Napf nicht angerührt war, muß etwas passiert sein, demnach schmiß ich mich
in die erstbesten Klamotten und raste mit pochendem Herzen zur Dorfhauptstrasse,
hoffend und bangend, dort keinen überfahrenen Narses vorzufinden. Dieses
Unterfangen wurde durch Minka erheblich erschwert, da sie mir wegen ihres,
"ich passe immer auf Tiane auf" Charakter leider meistens nachrennt und
ich wollte sie nun wirklich nicht in der Nähe der Hauptstrasse haben. Die
Hauptstrasse, wo ich glücklicherweise gar nichts fand.
Also kehrte ich leicht beruhigt zurück, goß mir neuen Kaffe ein und grübelte,
dochmir wollte eine Erklärung nicht einfallen. Schließlich öffnete ich erneut
die Haustüre, spähte hinaus, sah nichts und rief zum erstenmal: Männlein!!!
( Auf Narses hat er noch nie gehört) und unmittelbar danach, eigentlich
schon bei "....lein!" hörte ich es. MIIIIIIIAAAAUUUUU!!!!!!!!! (Hilfeeee!!!!!)
Ja, das war deutlich als Hilfeschrei zu identifizieren und mein Herz pochte
laut genug, um als Rhythmusinstrument eingesetzt zu werden. Ich rief nocheinmal,
weil ich den räumlichen Ursprung des Schreis nicht festmachen konnte und
wieder schallte es laut und erbärmlich: Miiiiaaauuuu!!!! (Hilfeee!)
Mein Herz rast, Minka steht planlos neben mir und glotz genauso hilflos
in der Gegend herum wie ich das tue. Es kommt irgendwoher in der Nähe des
Carports, aber da ist nichts, ausser dem Dach desselben und da war er oft
genug und kam immer von selbst wieder hinunter und was soll ihm denn auf
dieser glatten Fläche ohne Fallen schon passiert sein. Vollkommen aufgelöst
rase ich zurück ins Haus und zerre Tom unsanft, ja brutal, aus dem Tiefschlaf,
weil er derjenige ist, der hinter dem Carport im wilden Garten gucken muß,
da mein Roll so geländegängig nun auch nicht ist.
Er versteht nur Fetzen (.....Narses.... Carport,.... schreit... hab`Angst......
nicht wo), talpt in seine herumliegende Short, schleicht kommentarlos durchs
Haus zur Türe. guckt mich aus geschwollenen Augen an und murmelt: Da ist
doch nichts. Nein da ist nichts, Narses schweigt. Ich rufe. Narses kreischt.
Tom erwacht schlagartig und entschwindet hinter dem Carport, wo..... nun
fällt es mir endlich ein, der Schuppen ist. Und als sich die Schuppentüre
durche Menschenhand öffnet, entspringt ihm ein wild motzender, sichtlich
entnervter roter Kater, der noch eine geschlagene halbe Stunde weiter textet,
was wir frei übersetzen mit: Idioten! Ich hab`da drin geschlafen, als du
Schwachmat den Rasenmäher reingestellt hast! Kannst du nicht gucken, eh`du
eine Tür schließt...... und so weiter und so fort, aber ich lasse ihn meckern,
da ich wahnsinnig glücklich über sein Wiederauftauchen bin.
Später, als Tom noch einmal in den Schuppen geht, macht er eine Bestandsaufnahme
zerstörter Gegenstände und streicht anschließend mit Farbresten den zerfetzten
Innenrahmen der Tür.
Selbstredend sehen wir davon ab, Narses Vorwürfe zu machen, überhäufen uns
eher noch mit Selbstvorwürfen und nehmen uns feste vor, die Schuppentüre
nie wieder ohne eingehende vorhegegangene Kontrolle des Schuppens zu schließen.
Tiane, 06.07.2000