07.06.2007, 10:30
Zuerst ist da Tientje. Tientje ist holländisch und bedeutet
'zehn Gulden'.
Unser erster Kater hieß Tientje und als er mit 19 Jahren eingeschläfert
werden mußte, glaubten wir, wir könnten keinen anderen Kater mehr aufnehmen.
Wochenlang trauerten wir um ihn. Aber dann entschieden wir uns, nur mal
zum gucken ins Tierheim zu fahren...Wirklich! Wir wollten nur schauen:-)
Nicht von ungefähr fuhren wir in das gleiche Tierheim, aus dem wir unseren
ersten Tientje geholt hatten. Es war das Tierheim 'De Kissel' in Heerlen
(NL).
Dort
saß er dann in einer Kiste ganz hinten. Er sah genauso aus wie das Original,
nur etwas kleiner. Während alle anderen Katzis versuchten, uns auf sich
aufmerksam zu machen, ignorierte er uns völlig. Allerdings fing er sofort
an, mit der Pflegerin zu schmusen, als diese ihre Hand in den Käfig steckte.
'Der' mußte es sein. Er wurde auf ca. 1 Jahr geschätzt, aber genau wußte
das niemand. Der Kaufpreis war in den letzten 17 Jahren von 10 Gulden zwar
auf 25 Gulden angestiegen, das hat uns aber nicht davon abgehalten, ihn
trotzdem in Memoriam sozusagen, mitzunehmen und Tientje zu nennen. Auch
Warnungen des Pflegepersonals, er sei aggressiv und bösartig, wurden von
uns ignoriert.
Tientje (ca. 12) ist ein niedlicher schwarzer Kater mit einem winzigen weißen
Fleck am Hals. Gerne nennen wir ihn 'Mr. Seidenweich', 'Mr. Niedlich' oder
einfach 'Schatzemann'. Er ist Honigmelonen-süchtig und ein begnadeter Schmuser
- von aggressiv keine Spur. Oder doch? So alle Jubeljahre bekommt er mal
einen Anfall und dann beißt er uns ganz unmotiviert. Aber nur ein einziges
Mal. Er sieht anschließend immer so aus, als fragte er sich, was er da gerade
gemacht hat.
Eigentlich ist er von unseren Katzen der Unglücksrabe. Schon mehrfach hatte
er einen Hornhautriß, der aber immer gut ausheilte, da er sich so brav die
Salben und Tropfen ins Auge geben ließ. Und einmal kam er nicht nach Hause.
Das war sehr ungewöhnlich, da er sich nie länger als ein paar Stunden draußenaufhielt.
Nachts gingen wir ihn suchen. Alles rufen, Leckerliedose-klappern und locken
war vergeblich - er war einfach weg. Am nächsten Morgen gingen wir wieder
los. Es war ein Sonntagmorgen und nachdem wir erneut unser Viertel durchkämmt
hatten, begannen wir, bei den Nachbarn rund um unser Haus zu klingeln und
zu fragen, ob wir denn mal in den Garten gehen dürften. Alle Nachbarn waren
sehr nett und erlaubten uns einen Rundgang mit Garagenbesichtigung. Und
tatsächlich fanden wir ihn in einem Garten. Er hatte versucht, sich durch
den Zaun zu graben, weil dieser Zaun ihn von unserem Grundstück trennte.
Sein Seidenfellchen war voller Matsch und die Krallen waren vom vielen Scharren
völlig zersplittert. Er freute sich sichtlich, uns zu sehen, allerdings
machte er überhaupt keine Anstalten, zu uns zu kommen. Wir dachten nicht
weiter darüber nach und nahmen ihn auf den Arm und trugen ihn nach Hause.
Dort fütterten wir ihn erstmal. Aber was war das? Seine Hinterbeinchen waren
gelähmt und er robbte nur mit den Vorderpfötchen zum Freßnapf. Völlig aufgelöst
riefen wir sofort unseren Tierarzt an, der uns bat, sofort mit ihm vorbeizukommen.
Das taten wir dann auch.
Es stellte sich raus, daß er wohl geprügelt worden war und nun ein gebrochenes
Rückgrat hatte und zusätzlich war er völlig unterkühlt. Der Tierarzt machte
uns keinerlei Hoffnung, daß er den Tag überleben würde. Als er aber unsere
Gesichter sah, versuchte er alles, was ihm einfiel. Er legte ihn auf eine
Heizdecke und gab ihm warme Infusionen und meinte, wenn er den Tag überlebt,
dann hätte er wohl einen mehr als guten Schutzengel. Und das Rückgrat könne
vielleicht heilen, wenn er absolut ruhiggestellt würde. Nun gut. Wir wollten
ihn nicht einfach so einschläfern lassen und Tientje mußte ein paar Tage
in der Klinik bleiben. Besuchen durften wir ihn nicht. Der Tierarzt meinte,
es würde ihn zu sehr aufregen, wenn er uns sähe und er wolle dann nur nach
Hause. Nach ein paar Tagen erhielten wir einen Anruf und man fragte nach,
was denn für Tientje ein absolutes Leckerlie sei - er verweigerte die Nahrungsaufnahme.
Wir
kauften eine schöne, reife Honigmelone und fuhren sofort zur Tierklinik.
Die verblüfften Gesichter des Tierarztes und der Helferinnen waren filmreif.
Wir bestanden darauf, daß die Melone gefüttert werden sollte und siehe da,
Tientje fraß sie:-) Nach einer Woche durften wir ihn dann mit nach Hause
nehmen - aber nur, wenn wir dafür sorgten, daß er sich nicht unnötig bewegte.
Durch den Bruch hatte er keinerlei Kontrolle über seinen Verdauungstrakt
und die Hinterbeinchen. Wir litten wahrscheinlich mehr, als er selbst. Er
tat uns so unendlich leid. Er erholte sich aber schnell. Zuerst konnte er
seinen Darm wieder kontrollieren, dann kamen erste staksige Versuche, mit
den Hinterbeinchen zu laufen. Heute bewegt er sich elegant wie eh und je
und nur ein winziger Streifen silbernes Fell erinnert an die Stelle, wo
der Bruch war. Nur wenn er gerade aufgewacht ist, stakst er noch manchmal
- das gibt sich aber nach einem ausgiebigen Strecken wieder.
Sein Lieblingsplatz ist meine Schulter. Da ringelt er sich dann um meinen
Hals und schnurrt mir ins Ohr. Er hilft so gerne bei der Arbeit am Rechner.
Neulich hat er an meinem Windows Rechner doch echt mal eine Tastenkombination
gedrückt, die ich noch nicht kannte *g*. Ein Fenster ging auf und man konnte
diverse Einstellungen tätigen, die ich schon länger gesucht hatte. Leider
hat er mir die Kombination nicht verraten *seufz*. Bei Volkers Vollbart
gibt es für ihn kein Halten mehr. Den liebt er über alles. Da kann man so
schön mit schmusen...
Im April 2003 ist Tientje ein glücklicher, verspielter Kater. Er mag Owl
und Dax und er gewöhnt sich an Chiaras Kinder, die nun das ganze Haus unsicher
machen. Allerdings flieht er noch nach draußen, wenn die Kleinen zu wild
mit ihm spielen wollen - schließlich ist er ja nicht mehr der Jüngste und
hat gerne seine Ruhe.
Seit Puschel nicht mehr bei uns lebt, ist sein eosinophiles Granulom weniger
häufig ausgebrochen und wir hoffen, dass es noch recht lange so bleibt.
Meist wird es ja durch Stress ausgelöst - und den hat er kaum noch.
Mehr zu seinem eosinophilen Granulom gibt es hier.