Bin wieder da, neues aus Lövel:-)
Hallo. Wegen chronischen Zeitmangels gelingt es mir erst jetzt, nach langer
Abwesenheit hier mal wieder reinzuschauen.
Natürlich konnte ich nicht alle Beiträge nachlesen, wohl aber den über Pauls
Tod. Es tut mir sehr leid, Tanja, ich denke, jetzt ist es noch sehr schwer,
damit fertig zu werden, aber es wird mal eine Zeit geben, in der du über
Pauls Marotten, seine Sperenzchen und Sonderheiten lachen kannst, so wie
wir heute über Fritzis seltsame Anwandlungen leise lachen, und dann ist
es ein bißchen so, als wäre er nicht tot, sondern lebt noch in unserer Erinnerung
weiter. Also Kopf hoch!
Von unseren drei Fellrollen gäbe es eigentlich nichts neues zu berichten.
Täglich stattfindende Verfolgungsjagden zwischen Minka und Billund werden
von mir nur noch aus dem Augenwinkel wahrgenommen, klirrende, dengelnde,
plumpsende Geräusche irgendwelcher umstürzender Gegenstände haben sich der
normalen alltäglichen Geräuschkulisse hinzugefügt und veranlassen lange
niemanden mehr, sofort aufzuspringen und nachzusehen.
Daß alle Drei gleichzeitig gefüttert werden zu wünschen, versetzt mich nicht
mehr in Streß und alle zwei Tage wird das Sofa abgerückt, um Billunds Schatz
zu heben, sprich, verlustig gegangenen Wert- und andere Gegenstände einzusammeln
und zu seinem ursprünglichen Platz zurück zu bringen.
Gelegentlich liegen tote Mäuse im Haus. Die toten im Freßnapf gehören Narses,
die toten im Katzenklo Billund, und die, von denen nur noch ein Schwanz
oder Organ im Wohnzimmer liegen in der Regel Minka, weil sie als einzige
ihre Beute regelmäßig frißt und für den Spielkram der andern nur ein müdes
Lächeln übrig hat.
Vor zwei Wochen waren Toms Eltern zu Besuch und da sie zu dem einzigen,
selbst katzenlosen, Besuch gehören, der des Nachts die Türe zum Gästezimmer
verschließt, wurden sie von drei Katzen innerhalb von zwei Tagen umerzogen,
da diese zwei Nächte in Folge gleichzeitig und in halbstündigen Abständen
wie die Irren an der geschlossenen Türe kratzten, rupften, klopften und
randalierten, bis sich meine Schwiegereltern lieber Schlaf herbeisehnten,
denn verschlossene Türen.
Auch das Schließen der Badezimmertüre hat Narses ihnen abgewöhnt, nachdem
er einmal, des nachts von meinem Schwiegervater versehentlich im Bad eingesperrt
wurde, erwachte und das Bad auseinandernahm. Da sich dieses gegenüber vom
Gästezimmer befindet, waren wir von diesem Intermezzo nicht behelligt, sondern
konnten weiter schlafen und anderntags nur Lächeln, als uns davon übernächtigt
erzählt wurde.
Das wäre es auch schon, wäre der gestrige Abend nicht gewesen. Narses, Billund
und Minka sind seit Stunden im Garten, tatsächlich im Garten, und nicht
wie sonst in unendlichen Weiten des katereigenen Reviers, wobei Minka gelegentlich
zurück ins Wohnzimmer hopst und wieder hinaus, Narses und Billund wechselseitig
nachlaufen spielen und dabei von uns gelegentlich als vorbei huschende Schatten
gesichtet werden.
Gegen halb neun plazieren Tom und ich uns vor dem Fernseher, was Minka für
eine gute Idee hält, also hockt sie sich zu uns und die Abendidylle kann
beginnen. Wir machen uns keinerlei Gedanken über Kleinbillunds Aushäusigkeit,
weil ja Narses bei ihr ist, denn nicht nur in unseren Augen, auch tatsächlich
hat er für Billund die Beschützerrolle übernommen. Ist sie draußen, pflegt
sie ohnehin immer nur hinter ihm herzulaufen und wenn sie nach stundenlanger
Inspektion zurück kehren, kehren sie immer gemeinsam zurück. Erst wenn Narses
alleine kommt, statten wir uns mit unserem "Katzen-Such-Rüstzeug" aus (
Jacke, Regenschutz, Taschenlampe, Leckerli-Dose) und entschwinden einen
beliebigen Namen brüllend in zwei verschiedene Himmelsrichtungen, aber so
weit waren wir gestern abend nicht. Wir sahen fern.
Der Fernseher steht an der Schmalseite des Wohnzimmers, eine Längsseite
ist verglast und hat den Durchgang zur Veranda, der offen war, die Schmalseite
des Wohnzimmers weist direkt neben dem Phonomöbel ein weiteres kleines Fenster
auf, vom dem aus man auf ein kleines Stück unseres Gartens und die dahinter
befindliche Dorfstrasse blicken kann. Und durch dieses kleine Fenster erhasche
ich jäh eine hektisch, rasende Bewegung. Ein kleiner, gestreifter Schatten,
der sich in Überschallgeschwindigkeit über die Dorfstrasse bewegt, was mich
sofort entsetzt aufschreien und panisch mit den Armen Richtung Fenster fuchteln
läßt. "Billund!", keuche ich und mehr ist nicht nötig, da Tom an Ausdruck,
Gestik und Mimik sehr wohl in der Lage ist zu erkennen, daß ich kaum ein
solches Aufhebens machen würde, liefe Billund nur durch diesen Teil des
Gartens.
Er hechtet also sofort raus, und läuft die Strasse unter Herausrufens eines
dänischen Städtenamens entlang, sich nicht einen Deut um das spazierengehende
dänische Paar mit Hund scherend, das ihm auf der gegenüberliegenden Strassenseite
irritiert bei der Suche zuschaut. Ich klebe derweil mit meiner Nase am Fenster,
der Tatort ist vergessen, meine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Tatort draußen
zugewandt, Minka, mit heller Wachsamkeit in den Augen neben mir, als ich
die Katzenklappe scheppern höre, mich umdrehe und erleichtert feststelle,
daß Billund aufgeregt und mit aufgeplüschtem Schwanz inmitten des Wohnzimmers
steht.
Ich flitze in den Garten und rufe Tom zurück, er kehrt erleichtert ein,
das dänische Paar mit Hund guckt noch immer konsterniert, schüttelt, Unverständnis
im Gesicht, leicht den Kopf und spaziert weiter. Tom erzählt, er nähme an,
Billund habe sich so vor dem Hund erschreckt, daß sie in Panik geraten sei,
wohingegen Narses im Gebüsch zur Strasse hockt und noch immer in die Richtung
glotzt, in die Billund verschwunden war. Gut, sage ich, dann warten wir
ein halbes Stündchen und wenn er dann noch immer wartet, müssen wir uns
etwas einfallen lassen. Sprachen es und sahen weiter fern.
Nach dem "Tatort" also geht Tom nachsehen und derweil Billund es sich auf
dem Sofa bequem gemacht hat und ratzt, wartet Narses noch immer im Gebüsch
auf ihre unversehrte Heimkehr und natürlich versucht Tom ihm mit menschlichen
Worten klarzumachen, sein Warten sei nun unsinnig, da die kleine Madame
längst zu Hause sei, aber leider beschließt er entweder uns nicht zu verstehen,
oder aber es besser zu wissen, so jedenfalls blickt er Tom an; als habe
er nicht mehr alle beisammen und wisse nicht was er rede.
Also kehrt Tom wieder ein, froh, nicht mehr von besagtem Paar mit Hund in
inniger Zwiesprache mit einem Gebüsch gesehen worden zu sein. Nach dem halbstündigen
Betrachten einer Doku, mit der schlafenden Billund und der aufmerksam sich
weiter bildenden Minka auf dem Sofa, beschließen wir beide noch einmal nach
Narses zu sehen, öffnen die Haustüre und rufen im Chor: NARSES!.
Zunächst geschieht nichts, nach Wiederholen einer seiner zahlreichen Spitznamen
aber, flitzt Besagter eiligst an uns vorbei, peilt den Beginn der Zufahrt
an, hopst auf den Briefkasten und späht, für uns keinerlei Blick übrig.
Wir hingegen gucken irritiert drein, zucken die Achseln und beschließen
genug getan zu haben. Gegen Ende der Doku klappert die Katzenklappe, ein
Katzenschatten entschwindet in der Küche, die daraus erlauschte Geräuschkulisse
deutet auf den Verzehr von Trockenfutter hin, Aha, denke ich; Narses ist
zurück, also gehe ich mal nachschauen. Billund, erwacht wie immer, wenn
jemand die Küche, Ausgabestelle aller Katzenfuttersorten betritt, mir dicht
auf den Rollirädern und so sehen wir Narses ein paar Sekunden beim Fressen
zu.
Verdrießlich blickend, die Stirn gerunzelt, spachtelt er sich halb voll,
schaut hoch, erkennt Billund, stutzt eine Schrecksekunde lang und langt
ihr eine. Heftig, genau zwischen die Ohren. Ehe er empört Richtung Schlafzimmer
verschwindet sagt er noch: Maaanz!, was wahrscheinlich das heißt, was wir
alle ganz früher, in unseren wilden Teenagerjahren von unseren sich sorgenden
Eltern gehört haben, wenn wir einfach nicht zur verabredeten Uhrzeit nach
Hause gekommen sind.
Heute früh scheint sie Stubenarrest zu haben, denn immer, wenn sie hinaus
geht, jagt Narses sie kurz darauf wieder hinein, aber sie gibt nicht auf,
was bedeutet, daß es hier heute früh ziemlich laut zugeht und Minka mal
zur Abwechslung nicht verfolgt wird. Narses übrigens übt seit geraumer Zeit
die Katzenklappe zu benutzen, ohne sie mit dem Kopf aufzustoßen, denn offenbar
schient ihn das sehr zu stören. Bisher kann er sie zwar mit einer Kralle
hochheben, schaffte es aber noch nicht, schnell genug den Kopf hindurch
zu schieben. Ich drücke ihm die Daumen und wundere mich nicht wenig über
seine Klugheit. So, das war es dann aber auch aus Lövel.
Liebe Grüße Tiane, am 17.04.2001