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Wie gut sehen Katzen?

Von Monika & Leo Peichl

Katzen haben, in Relation zur Körpergröße, wahrhaft eindrucksvolle Riesenaugen. Doch das sagt wenig aus über ihr Sehvermögen. Damit ist es nämlich gar nicht so weit her, wie viele glauben. Überhaupt kursieren über das Sehvermögen der Katze allerlei irrige Vorstellungen, zum Beispiel die, daß Katzen bei Nacht so gut sähen wie bei Tage. Tatsächlich ist die Katze, was das Sehen betrifft, in einigen Aspekten dem Menschen unterlegen. Dafür hört sie besser als der Mensch, ihr Geruchssinn ist feiner, und sie hat einen ausgeprägten Tastsinn, unter anderem durch ihre Schnurrhaare (die man niemals kürzen oder wegzüchten darf!).

Unser blinder Kater Kasper schuf sich binnen weniger Stunden nach seinem Einzug bei uns durch Riechen und Tasten und Hören eine innere Landkarte seines neuen Zuhauses. Wer das Tier erlebt, wird kaum bemerken, daß es blind ist. Kasper springt auf Sofa, Sessel, Bett oder Fensterbank und wieder hinunter, steuert zielstrebig und eilig seinen Futternapf an, wenn ihn der Hunger überkommt, und hat auch noch nie sein Klo verfehlt. Einzig seine Art, manchmal mit vorsichtig vorgestrecktem Näschen zu gehen oder mit der Pfote in der Luft umherzutasten, kann aufmerksamen Beobachtern verraten, daß er sich nicht sehend im Raum orientiert.

Natürlich hätte ein Tier wie Kasper schlechte Chancen, wenn es sich seine Nahrung erjagen müßte. Doch auch beim Mäusefangen arbeiten Katzen sehr stark mit dem Gehör und nicht unbedingt vorrangig mit den Augen. Es ist also nicht einmal ausgeschlossen, daß unser Schwarzer eines Tages im Garten eine Maus erbeutet.

  • Sehen bei Tageslicht

    Viele Katzenfreunde würden es wohl nicht vermuten - aber hinsichtlich des Scharfsehens hat der Mensch der Katze einiges voraus. Die Katze hat ein Auflösungsvermögen von 7 bis 10 Bogenminuten, das entspricht 2 bis 3 mm auf 1 m Entfernung. Zwei Punkte mit 2 bis 3 mm Abstand können also noch getrennt gesehen werden, enger beieinander liegende Punkte nicht. Der Mensch besitzt ein Auflösungsvermögen von 1 Bogenminute, das heißt 0,3 mm auf 1 m Entfernung. Grob gesagt sehen wir also sieben- bis zehnmal besser als Katzen.

    Dies gilt für sehr kontrastreiche Objekte (zum Beispiel schwarze Punkte auf weißem Grund). Wenn der Kontrast geringer ist (Grau auf Weiß), werden die Werte für Katzen und Menschen schlechter. Auch bei abnehmender Helligkeit (Übergang zum Dämmerungssehen, dazu unten mehr) nimmt die Sehschärfe ab.

    7 bis 10 Bogenminuten sind kein schlechter Wert; manch ein Mensch sieht weniger scharf, wenn er seine Brille abnimmt. Das detaillierte Sehen eines Gesichtes auf zwei bis drei Meter Entfernung wäre damit für Katzen kein Problem. Unbekannt ist allerdings, ob Katzen ein menschliches Gesicht auch erkennen, also identifizieren können - ob es die dafür notwendigen speziellen Bildverarbeitungsstrukturen im Gehirn gibt, die die Menschen und die Affen haben. In der Evolution der Katzen war das Identifizieren menschenähnlicher Gesichter freilich auch nicht wichtig. Bei uns Menschen und bei anderen Primaten ist die Gesichtererkennung hingegen außerordentlich ausgeprägt, wir erkennen ein Gesicht sogar dann, wenn es in stark verfremdeter Form wiedergegeben wird, etwa als Karikatur oder durch Farbrasterflächen wie auf dem bekannten Abraham-Lincoln-Bild von Dalí.

    Hunde haben übrigens eine nicht viel bessere Sehschärfe als Katzen: 5 Bogenminuten = 1,5 mm auf 1 m, also ein Fünftel der menschlichen Sehschärfe. Es gibt aber deutliche Rassenunterschiede, so daß dies nur ein grober Richtwert ist.

  • Farbensehen

    Der Mensch hat drei Zapfentypen in der Netzhaut (blau, grün, rot) und damit "trichromatisches" Farbensehen. Das ergibt besonders gute Farbunterscheidung im grün-gelb-roten Bereich und eine gute Wahrnehmung von Rot-Tönen.

    Lange Zeit dachte man, die anderen Säugetiere einschließlich Katzen und Hunden seien farbenblind. Heute weiß man aber, daß die meisten Säugetiere (Katzen, Hunde, Pferde, Rinder, Schweine, Ratten ...) zwei Zapfentypen besitzen, nämlich Blau-Zapfen und Grün-Zapfen. Damit haben sie "dichromatisches" Farbensehen und können eingeschränkt Farben wahrnehmen - ganz grob vergleichbar der Farbempfindung von Menschen, die rot-grün-blind sind. Im Gegensatz zu Menschen sind Katzen sehr wenig empfindlich für Rot-Töne, da ihnen der Rot-Zapfen fehlt. Dies gilt übrigens für die meisten Säugetiere, auch den Stier. Aber wirklich farbenblind sind nur sehr wenige Säugetiere.

    Verhaltensversuche haben allerdings ergeben, daß Katzen Farben nur erkennen können, wenn sie sehr großflächig sind: mindestens 2 cm Durchmesser bei 3 cm Abstand (oder 70 cm Durchmesser bei 1 m Abstand). Ein Forscher sagte dazu: "Für Katzen sind Äpfel rot, Kirschen jedoch grau." Das ist allerdings nur fast treffend, weil Katzen Rot sowieso nicht gut erkennen können. Ein besseres Beispiel wäre: "Für Katzen sind Äpfel grün, Stachelbeeren jedoch grau." Ihre Sehschärfe für Farben ist also wesentlich schlechter als für Helligkeitsmuster (siehe oben). Wir Menschen dagegen sehen Farbmuster genauso detailliert wie Schwarz-Weiß-Muster.

  • Sehen bei Dämmerung und bei Nacht

    Im Unterschied zu Menschen haben Katzen eine leuchtend reflektierende Schicht im Auge, das Tapetum lucidum, das die Lichtausbeute 1,4fach erhöht. Außerdem ist ihre Pupille im Dunkeln etwa 2,6mal so groß wie unsere (13 mm gegenüber 8 mm Durchmesser) und entsprechend lichtstärker. Insgesamt sieht eine Katze schwaches Licht etwa sechsmal stärker als wir. Anders ausgedrückt, sieht sie noch bei einem Sechstel der Lichtintensität, die wir mindestens brauchen. Das haben Verhaltensversuche ergeben. Was uns schon als völlige Dunkelheit erscheint, kann der Katze noch zum Sehen ausreichen. Bei absoluter Dunkelheit kann aber auch eine Katze nichts mehr sehen.

    Der Faktor 6 ist allerdings nicht viel, wenn man bedenkt, daß schon zwischen Tageslicht im Freien und im Zimmer ein Faktor-20-Helligkeitsunterschied besteht. Der gesamte Umfang unterscheidbarer Helligkeiten (vom Sternenlicht bis zum grellen Sonnenlicht) beim Menschen ist 10 hoch 13, d. h. 10.000.000.000.000. Nachtsichtgeräte (Restlicht-Verstärker), wie sie von Wildbiologen, Wachdiensten, Grenzschutz und Militär eingesetzt werden, haben einen Verstärkungsfaktor von mehreren Tausend. Mit solch einem Gerät sehen wir bei Nacht also viel mehr als eine Katze. Auch Hunde, Füchse, Rinder, Rehe, Hirsche, Pferde haben ein Tapetum lucidum und entsprechend gute Fähigkeit zur Nachtsicht.

    Bei geringer Helligkeit schaltet jedes Auge von den farbtüchtigen Zapfen (die nur bei ausreichend Licht funktionieren - "Tageslicht-Sehen") auf die empfindlicheren, jedoch farbenblinden Stäbchen um. Sowohl Menschen als auch Katzen sind also bei Nacht oder bei sehr geringer Helligkeit, etwa in dunkler Dämmerung, farbenblind und sehen nur Helligkeitsunterschiede (schwarz/weiß).

    Deshalb sind bei Nacht wirklich alle Katzen grau - für uns, falls wir sie überhaupt noch im Restlicht erkennen können, aber auch für ihre Mitkatzen.

Copyright 2000: Monika Peichl & Dr. Leo Peichl
Mopeichl@aol.com
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Zuletzt geändert am 11.10.2008 23:24                Zurück zur Hauptnavigation

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